Cnicus benedictus
Kaum zu glauben, dass das kleine wehrhafte distelige Gewächs nur eine einjährige Pflanze ist. Es wächst nicht höher als 30 bis 50 Zentimeter und ist keine Distel, obwohl sie auf den ersten Anschein so aussieht. Das Benediktenkraut (Cnicus benedictus) ist ein Korblüher (Compositae). Von unscheinbarer Gestalt ist es, bis es seine unverkennbar schöne Blüte zeigt. Benediktenkraut (Cnicus benedictus) oder Kardobenediktenkraut ist nicht nur seines Namens wegen ein klassischer Vertreter der Klostermedizin. In ausgewilderter Form kommt es in unseren Breiten sehr selten vor. Sein natürliches Verbreitungsgebiet reicht vom Kaukasus über die Mittelmeerregion bis zum Maghreb. Wahrscheinlich waren es die Benediktiner, die das Kraut in ihren Gärten haben wollten. Das zumindest würde ihren Namen erklären.
Kratziger Magenschmeichler
Apptitanregend, blähungsaustreibend und verdauungsfördernd – das sind die Eigenschaften des Benediktenkrauts, was mit Sicherheit auch förderlich für das Zusammenleben monastischer Gemeinschaften ist.
Gesammelt und verarbeitet wird das Kraut und Blüte der Pflanze als Bitterdroge. Damit eignet sie sich in aller erster Linie für die Behandlung von Verdauungsstörungen und Appetitlosigkeit. Eine beliebte Zutat ist sie für Magenbitter und andere Kräuterliköre. Vielleicht war es aus diesem Grund das Benediktenkraut (Cnicus benedictus) schon immer ein beliebt in den Klostergärten. Ein pflegeleichter Selbstläufer ist es ja nicht, wenn es jedes Jahr aufs Neue ausgesät werden muss. Als idealen Zeitpunkt zur Aussaat benennen einige Quellen den 21. März. Es ist der Sterbetag des Heiligen Benedikt von Nursia und die Tag-und-Nacht-Gleiche im Frühjahr.
Hildegard von Bingen
„Wenn es jemand isst oder im Getränk einnimmt, entflammt es ihn zur Glut der Begierde.“
Falls Hildegards Schilderungen auf einem Selbstversuch beruhten, kennen wir den Ausgang nicht. Darüber findet sich nichts in ihren Aufzeichnungen.
Auch zur äusserlichen Anwendung bei schlecht heilenden Wunden sollen sich Zubereitungen aus dem Benediktenkraut (Cnici benedicti herba) eignen. Seine Inhaltsstoffe wirken auf einige Bakterienstämme bakteriostatisch. Forscher der Uni Köln haben herausgefunden, dass der Inhaltsstoff Cnicin förderlich auf die Neubildung von Axomen (Nervenzellfortsätzen) wirkt, was den Heilungsprozess bei Nervenverletzungen beschleunigen könnte.
Obwohl Hildegard von Bingen vor den Wirkungen des Benediktenkrauts (Cnicus benedictus) warnte, wurde ihm niemals die Rolle eines Aphrodisiakums zugeschrieben. Möglicherweise entstammte das einem alten überlieferten Volksglauben. Das Tragen eines Amuletts mit Benediktenkraut solle die Anziehungskraft aufs andere Geschlecht vermehren. Weil diese Empfehlung so schlecht funktioniert, konnte das Benediktenkraut (Cnicus benedictus) problemlos in den Klostergärten angebaut werden.
Quellen:
Hirsch, S., Grünberger, F.; Die Kräuter in meinem Garten, Freya-Verlag, Engerwitzdorf/Mittertreffling 2021.
Fintelmann, V., Weiss, R. F., Kuchta, K.; Lehrbuch Phytotherapie, Karl F. Haug Verlag Stuttgart, 12. Auflage 2009.
von Bingen, Hildegard; Heilsame Schöpfung – Die natürliche Wirkkraft der Dinge ‚Physica‘; übersetzt von Ortrun Riha, Beuroner Kunstverlag, 2012.